Bereits im Jahr 2007 entdeckte ein Team der Abteilung für Pharmakologie und Toxikologie an der School of Medical Sciences, University of Otago (in Neuseeland) die ersten Hinweise auf eine mögliche Verbindung zwischen Tinnitus und Cannabinoid-Rezeptoren.
Die Studie, die an einem Tiermodell durchgeführt wurde, zeigte, dass Rattenneuronen CB1-Cannabinoid-Rezeptoren besitzen. Die Forscher beobachteten, dass bei Tinnitus die Anzahl der Hauptneuronen im ventralen Cochlear-Kern (im Ohr gelegen), die CB1-Rezeptoren exprimieren, signifikant abnahm, während die Anzahl der CB-positiven Hauptneuronen im dorsalen Cochlear-Kern sich nicht signifikant veränderte.
Diese Ergebnisse deuteten darauf hin, dass CB1-Rezeptoren im Cochlear-Kern für die Hörfunktion wichtig sein könnten und dass eine Abnahme der CB1-Rezeptoren im ventralen Cochlear-Kern mit der Entwicklung von Tinnitus in Zusammenhang stehen könnte.
Die Forscher gingen noch weiter und veröffentlichten Jahre später – im Jahr 2015 – eine weitere Studie zum Tinnitus, basierend auf der Hypothese, Tinnitus als eine Form der sensorischen Epilepsie zu betrachten, die durch neuronale Überaktivität in den auditorischen Hirnregionen wie dem Cochlear-Kern und dem unteren Colliculus verursacht wird. Obwohl es derzeit keine wirksame pharmakologische Behandlung für Tinnitus gibt, werden Antiepileptika in einigen Fällen als potenzielle Behandlungsoption eingesetzt.
Es gibt zunehmende Hinweise darauf, dass Cannabinoid-Medikamente, also Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten, auch antiepileptische Wirkungen haben können, zumindest in einigen Fällen und in bestimmten Hirnregionen.
Es wurde berichtet, dass CB1-Cannabinoid-Rezeptoren und das endogene Cannabinoid 2-Arachidonoylglycerol (2-AG) im Cochlear-Kern exprimiert werden und an der Regulation der Plastizität beteiligt sind. Die Forscher stellten somit eine komplexe Frage: Ob Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten im Cochlear-Kern eher pro- oder antiepileptisch wirken und ob Cannabinoide und Cannabis selbst Tinnitus verbessern oder verschlechtern könnten.
Monate später, während weiterer Untersuchungen zu Cannabinoiden und Tinnitus, erzielten die Forscher in einem anderen Tiermodell ein gegensätzliches Ergebnis. Nach Verabreichung von Cannabinoiden an Ratten mit Tinnitus beobachteten sie, dass Cannabinoide tatsächlich die Entwicklung von Tinnitus förderten, insbesondere wenn bereits eine Hörschädigung vorlag.
Laut Forschung nehmen einige Tinnitus-Patienten CBD ein, um den ständigen Zustand von Angst und Stress zu lindern, der durch dieses anhaltende und wiederkehrende Unbehagen verursacht wird.
Die wissenschaftliche Sichtweise auf die Beziehung zwischen Tinnitus und Cannabis könnte neue Einblicke in den Wirkmechanismus von Cannabinoiden eröffnen.